Vitamin B12 Nervenregeneration

Vitamin B12 zur Nervenregeneration

Vitamin B12 gehört zusammen mit sieben weiteren Vitaminen zur Gruppe der B-Vitamine. Steht dem Körper über einen längeren Zeitraum nicht genügend Vitamin B12 zur Verfügung (der Speicher hat eine Reichweite von Monaten bis Jahren), kann das eine Schädigung des Nervensystems zur Folge haben. Wir wollen hier auf die Ursachen einer Nervenschädigung und auf die Möglichkeiten zur Nervenregeneration näher eingehen.


Welche Bedeutung hat Vitamin B12 für das Nervensystem?

Vitamin B12 ist auch unter dem Namen «Cobalamin» bekannt. Der Begriff «Cobalamine» bezieht sich auf mehrere Substanzen, die alle eine sehr ähnliche Struktur haben. Sie alle haben ein Cobalt Atom (daher der Name «Cobalamin»), welches in der Mitte des B12-Moleküls sitzt.

Es gibt 3 verschiedene Formen von Vitamin B12: Methylcobalamin, Adenosylcobalamin (die beiden aktiven B12 Formen) und Hydroxocobalamin (die Speicherform). Die beiden aktiven B12 Formen können direkt vom Körper verwertet werden. Die Speicherform muss der Körper erst in die aktive Form umwandeln.

Vitamin B12 ist deshalb so essenziell für uns, da es an einer ganzen Reihe von Prozessen in unserem Körper beteiligt ist, unter anderem am Energiestoffwechsel, an der Zellteilung und an der Bildung roter Blutkörperchen. Außerdem ist Vitamin B12 wichtig für eine normale Funktion des Nervensystems. Es spielt eine wichtige Rolle, wenn neue Nervenzellen gebildet werden oder wenn bereits bestehende Nervenzellen repariert werden.

Informationen werden in unserem Nervensystem als elektrische Impulse über die Nervenfasern übertragen. Jede Nervenfaser ist von einer Hülle (der sogenannten Myelinscheide) umgeben. Vitamin B12 ist insbesondere am Aufbau der Nervenhüllen beteiligt. Es ist also wichtig, dass für diesen Prozess genügend Vitamin B12 vorhanden ist, damit die Reizweiterleitung optimal funktioniert.

Wie hängt ein Vitamin B12 Mangel mit einer Nervenschädigung zusammen?

Bevor eine Nervenschädigung auftritt, ist ein Vitamin B12 Mangel vorhanden. Der Vitaminmangel kann 2 Ursachen haben:
  • Dem Körper wird über die Nahrung nicht genügend Vitamin B12 zur Verfügung gestellt.
  • Die Vitamin B12 Versorgung über die Nahrung ist ausreichend, aber im Magen-Darm-Trakt wird nicht genügend Vitamin B12 aufgenommen («Resorbtionsstörung»).

Bei bestimmten Ernährungsformen ist es schwierig, den täglichen Vitamin B12 Bedarf ausschließlich über die Nahrung zu decken. Während Vegetarier noch den Vorteil haben, dass ihnen Vitamin B12 aus Eiern, Milch und Käse zur Verfügung steht, fallen diese Produkte für Veganer komplett weg.

Außerdem kann sich der Vitamin B12 Bedarf zeitweise erhöhen, zum Beispiel während einer Schwangerschaft, bei Sportlern oder bei erhöhtem Stresslevel. Auch dann kann es schwieriger sein, das tägliche Pensum an Vitamin B12 allein über die Nahrung aufzunehmen.

Damit das Vitamin B12 im Magen aufgenommen werden kann, spielt der sogenannte «Intrinsic Factor» eine wichtige Rolle. Deshalb kann es bei Menschen mit einer Magen- oder Darmerkrankung oder bei Menschen, die über einen längeren Zeitraum bestimmte Medikamente einnehmen müssen (z.B. Säureblocker oder Magenschutzmittel), dazu kommen, dass der Intrinsic Factor nicht in einer ausreichenden Menge vom Körper produziert wird. Dadurch wird im Magen-Darm-Trakt weniger Vitamin B12 aufgenommen als üblich.

Wie wir oben gesehen haben, ist Vitamin B12 essenziell für die Bildung und Regeneration der Nervenzellen. Viele Symptome eines Vitamin B12 Mangels betreffen deswegen auch die Nerven:

  • Kribbeln in den Händen oder Füßen
  • Verminderter Tastsinn bis hin zu Lähmungen
  • Schädigung des Sehnervs.

Können geschädigte Nerven durch Vitamin B12 regeneriert werden?

Zunächst kommt es einmal darauf an, welche Nerven geschädigt sind. Handelt es sich um Nerven des Rückenmarks oder des Gehirns sind die Schädigungen meist nicht mehr rückgängig zu machen.

Im peripheren Nervensystem (d.h. der Teil des Nervensystems, der außerhalb des Gehirns und Rückenmarks liegt), haben die Nervenfasern grundsätzlich die Möglichkeit, sich zu regenerieren. Allerdings ist die Regeneration ein sehr langsamer Prozess: kleinere Nerven regenerieren sich mit einer Geschwindigkeit von 2 bis 3 mm/Tag und größere Nerven mit einer Geschwindigkeit von 5 mm/Tag.

Beim Regenerationsprozess baut sich die Nervenfaser ausgehend vom Axonstumpf her wieder auf. Ist der Regenerationsprozess abgeschlossen, können die Nervenfasern ihre ursprüngliche Funktion teilweise oder sogar ganz wieder aufnehmen. Allerdings gibt es keine Garantie dafür, dass hinterher alles wieder so funktioniert wie früher: auch Fehlleitungen der elektrischen Impulse sind möglich.

Wie kann Vitamin B12 dabei helfen, geschädigte Nerven zu reparieren?

Inwiefern Vitamin B12 eingesetzt werden kann, um geschädigte Nerven zu reparieren, wurde in einigen Studien untersucht:

 

Neurologische Störungen bei Vitamin B12-Mangel: Der Bedarf an Vitamin B12 im Nervengewebe ist besonders hoch. Das gesamte Spektrum der neuropsychiatrischen Störungen bei Vitamin B12 Mangel ist noch nicht ausreichend erforscht. Ein normaler oder verminderter Gesamtplasma-Cobalaminspiegel kann kein zuverlässiger Marker für einen Vitaminmangel sein.

Fazit: bisher ist nur bekannt, dass der Vitamin B12 Bedarf im Nervengewebe besonders hoch ist. Wie sich ein Vitamin B12 Mangel genau auf die neurologischen und psychischen Funktionen auswirkt, wurde noch nicht genau genug erforscht.

So kann Vitamin B12 Nervenregeneration fördern

Vitamin B12 als Schmerzmittel: in dieser Arbeit wurden Informationen aus Tierversuchen und aus klinischen Versuchen ausgewertet, die sich mit dem Thema Vitamin B12 zur Behandlung von Schmerzzuständen befassen. Es wurden solche Studien ausgewählt, bei denen eine Dosis von mehr als 100µg Vitamin B12 gegeben wurde.

Fazit: die Ergebnisse aus den Tierversuchen belegen die Wirkung von Vitamin B12 auf die Regeneration der Nerven und die Hemmung von Enzymen und anderen Schmerzsignalwegen. In klinischen Studien könnte die Wirkung von Vitamin B12 zur Behandlung von Kreuzschmerzen und Neuralgien belegt werden.

Allerdings sind weitere Studien notwendig, um die Wirkung und die Dosierung genauer zu ermitteln.

Vitamin B12 als Behandlung für periphere neuropathische Schmerzen: in der Studie wurde Vitamin B12 als mögliche Behandlung neuropatischer Schmerzen untersucht (Anmerkung: neuropatische Schmerzen sind Schmerzen oder unangenehme Empfindungen, die durch eine Erkrankung des Nervensystems entstehen). Es wird vermutet, dass Vitamin B12 diese Schmerzen lindern kann, unter anderem dadurch, dass es die Myelinisierung (= Umwicklung einer Nervenzelle) fördert, die Nervenregeneration verbessert und die ektopische Nervenzündung (= fehlerhafte Reizweiterleitung) verringert. In dieser Zusammenfassung wurden insgesamt 24 Studien ausgewertet. Dabei wurden sowohl Studien untersucht, in denen Vitamin B12 allein gegeben wurde (d.h. nicht in Kombination mit anderen Wirkstoffen), als auch Studien, in denen Vitamin B12 mit anderen Vitaminen oder Behandlungsmethoden kombiniert wurde.

Fazit: es gibt einige Belege für die Wirksamkeit von Vitamin B12 bei postherpetischer Neuralgie (Evidenzgrad II) und schmerzhafter peripherer Neuropatie (Evidenzgrad III).

Weitere Wirkungen von Vitamin B12 zur Nervenregeneration zur Neuropathie

Vitamin-B-Supplementierung bei diabetischer peripherer Neuropathie: in dieser Zusammenfassung von verschiedenen Studien wurde die Wirksamkeit einer Vitamin B12 Supplementierung zur Behandlung einer diabetischen peripheren Neuropathie untersucht. Vier Studien mit 363 Teilnehmern erfüllten die Kriterien und wurden ausgewertet.

Fazit: es konnte kein Zusammenhang zwischen einer Vitamin B12 Supplementierung und einer Verbesserung der Symptome der diabetischen Neuropathie festgestellt werden. In den meisten Studien wurde keine Verbesserung der Nervenleitfähigkeit festgestellt.

Vitamin-B12-Supplementierung bei diabetischer Neuropathie: in der Studie (prospektiv, doppeltblind und placebokontrolliert) wurde untersucht, inwieweit sich der Vitamin B12 Spiegel der Teilnehmer normalisiert, wenn oral Vitamin B12 (Methylcobalamin) gegeben wird. Dabei wurde Patienten mit diabetischer Neuropathie für ein Jahr 1000µg Vitamin B12 pro Tag verabreicht.

Fazit: Die Behandlung der Patienten mit diabetischer Neuropathie mit 1000µg Vitamin B12 (Methylcobalamin) pro Tag erhöhte den Vitamin B12. Die beobachteten neurophysiologischen Parameter wie Nervenleitgeschwindigkeit und Vibrationswahrnehmungsschwelle sowie die Lebensqualität verbesserten sich. Der Vitamin B12 Spiegel der Placebogruppe erhöhte sich hingegen nicht.

Cobalamin-Mangel: Ein Vitamin-B12-Mangel wurde im Rahmen des Krankheitsbilds bei gesunden älteren Menschen negativ mit der kognitiven Leistungsfähigkeit korreliert. Zu den Symptomen gehören langsames Denken, Gedächtnisstörungen, Aufmerksamkeitsdefizite und Demenz. Eine Optikusneuropathie (Durchblutungsstörung des Sehnervenkopfes) tritt gelegentlich bei erwachsenen Patienten auf. Sie ist durch einen symmetrischen, schmerzlosen und fortschreitenden Sehverlust gekennzeichnet.

Fazit: nachdem der Vitaminmangel festgestellt wurde, sollte bald eine Supplementierung begonnen werden.

Fazit

Eine Nervenschädigung kann durch einen Vitamin B12 Mangel verursacht werden. Der Vitamin B12 Mangel kann beispielsweise dadurch verursacht werden, dass dem Körper über die aufgenommene Nahrung nicht ausreichend Vitamin B12 zur Verfügung gestellt wird, oder dass der Körper das Vitamin B12 aus der Nahrung nicht ausreichend verwerten kann. In verschiedenen Studien wurde untersucht, wie eine Supplementierung mit Vitamin B12 zur Nervenregeneration eingesetzt werden kann. Dabei wurde in manchen Studien keine Veränderung der untersuchten Parameter festgestellt. In anderen Studien hingegen konnte der Vitamin B12 Spiegel der Teilnehmer durch Supplementierung erhöht werden und die beobachteten neurophysiologischen Parameter (wie beispielsweise die Nervenleitfähigkeit) verbessert werden. Oftmals sind noch weitere Forschungen nötig, um die Wirkung und die Dosierung von Vitamin B12 genauer zu untersuchen.

Quellen:

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/31094486/ (Neurologische Störungen bei Vitamin B12-Mangel)
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30700078/ (Vitamin B12 als Schmerzmittel) https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/32722436/ (Vitamin B12 als Behandlung für periphere neuropathische Schmerzen: Eine systematische Überprüfung) https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26892473/ (Vitamin-B-Supplementierung bei diabetischer peripherer Neuropathie)
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33513879/ (Vitamin-B12-Supplementierung bei diabetischer Neuropathie)
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/24248213/ (Cobalamin-Mangel: Krankheitsbild und radiologischer Befund)
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/31094486/ (Neurologische Störungen bei Vitamin-B12-Mangel)

Photos:

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